Eine weit verbreitete und anerkannte Klassifikation für das Ausmaß von Fazialisparesen ist die im Jahr 1985 etablierte Einteilung nach House und Brackmann[1]. Das sog. "Facial Nerve Grading System" nach John House und Derald Brackmann teilt die Schwere der entstandenen Immobilität der mimischen Muskulatur in sechs Grade ein:
Gradeinteilung von Fazialisparesen nach House-Brackmann
Grad | Funktion | Ruhestellung | Stirn | Lidschluss | Mund |
---|---|---|---|---|---|
I: normal | Normal | Normal | Normal | Normal | Normal |
II: leichte Parese | Schwäche/Synkinesie, nur bei genauer Beobachtung erkennbar | Normal | Reduziert | Fast normal | Gering |
III: mäßige Parese | Offensichtliche Seitendifferenz, Synkinesie, Kontraktur | Normal | Noch vorhanden | Vollständig | Gering reduziert |
IV: mäßig starke Parese | Entstellende Asymmetrie | Normal | Keine | Inkomplett | Asymmetrie |
V: starke Parese | Noch geringe Restbeweglichkeit erkennbar | Asymmetrie | Keine | Inkomplett | Asymmetrie |
VI: Paralyse | Keine Restbeweglichkeit erkennbar | Tonusverlust | Keine | Keine | Keine |
Des Weiteren hat sich das aus Toronto (Kanada) stammende "Sunnybrook Facial Grading System" nach Brenda Ross et al.[2] etabliert. Bei diesem im Jahr 1992 vorgestellten Test werden lokale Parameter untersucht. Ursprünglich zur Abmessung des Heilungsverlaufs nach Entfernung (Resektion) von Hörnervtumoren (Vestibularisschwannomen) entwickelt[3], bietet er aufgrund der hohen Sensitivität und Reliabilität ein anerkanntes diagnostisches Hilfsmittel[4,5,6]. Es werden Ruhesymmetrie, Symmetrie in der Bewegung und Synkinesien anhand folgenden Schemas bewertet:
Sowohl der Sunnybrook Facial Grading Score als auch der House-Brackmann Score sind im klinischen Alltag etabliert. Daneben existiert eine Vielzahl weiterer Klassifikationssysteme, die hier beispielhaft abgebildet werden sollen. So stellt die Einteilung nach Burres und Fisch aus dem Jahr 1986 eine objektive Distanzmessung zwischen Landmarken im Gesicht dar[7]. Die Messwerte werden in Ruhe und bei Ausführung fünf verschiedener Gesichtsausdrücke erhoben. Nachteilig ist die diffizile Handhabbarkeit. Eine vereinfachte Version der Methode nach Burres und Fisch stellt das Nottingham System dar. Dabei findet die Abmessung von vier Gesichtspunkten in drei unterschiedlichen Gesichtsposen statt. Die gelähmte Seite wird mit der gesunden abgeglichen. In der Konsequenz findet der Nottingham Score keine Anwendung bei zweiseitigen (bilateralen) Fazialisparesen[8].
1987 entwickelten Chevalier et al. eine fünfstufige Scala[9]. Hier ist der Wert 0 gleichgesetzt mit einer ausbleibenden Kontraktion, während der Wert 4 eine synchrone und symmetrische Bewegung der beiden Gesichtshälften voraussetzt. Dabei bleibt allerdings eine separate Bewertung von Gesichtsregionen aus.
Insbesondere in Japan wird das Yanagihara System genutzt[10]. Die Einteilung gründet auf der subjektiven Bewertung zehn verschiedener Gesichtsausdrücke. Die Klassifzierung findet durch den behandelnden Arzt statt und ist solchermaßen personenabhängig. Des Weiteren fließen etwaige Folgen der Fazialisparese nicht in die Bewertung ein.
Einen interessanten Ansatz stellt das Programm “eFACE” dar, das 2015 u.a. von Tessa und Charles Hadlock, Phrabat Bhama, Charoline Banks und Jong Park entwickelt wurde[11]. Basierend auf 16 Testwerten (Items) im Format einer visuellen Analogskala (siehe Abb. 1) können Gesichtsfunktionen und –symmetrie abgebildet werden. Der Einsatz von eFACE bleibt zunächst auf (einseitige) unilaterale Fazialisparesen beschränkt.
Abbildung 1
Beispiel einer visuellen Analogskala. Dabei sind die Extrempunkte eingezeichnet, ohne dass dazwischen numerische Zahlenwerte angegeben sind.
Quelle: Wagner A, Blunk J, Benrath J. Neuropathischer und tumorbedingter Kopfschmerz. HNO 59,2011; 656–663 . doi.org/10.1007/s00106-011-2269-0.
Quellen:
[01] House JW, Brackmann DE. Facial nerve grading system. Otolaryngol Head Neck Surg. 1985;93(2):146–7. PubMed PMID: 3921901.
[02] Ross BG, Fradet G, Nedzelski JM. Development of a sensitive clinical facial grading system. Otolaryngol Head Neck Surg. 1996;114(3):380–6. PubMed PMID: 8649870.
[03] Banks CA, Bhama PK, Park J, Hadlock CR, Hadlock TA. Clinician-Graded Electronic Facial Paralysis Assessment: The eFACE. Plast Reconstr Surg. 2015 Aug;136(2):223e-230e. doi: 10.1097/PRS.0000000000001447. PMID: 26218397.
[04] Ahrens A, Skarada D, Wallace M, Cheung JY, Neely JG. Rapid simultaneous comparison system for subjective grading scales grading scales for facial paralysis. Am J Otol. 1999;20(5):667–71. PubMed PMID: 10503592.
[05] Kayhan FT, Zurakowski D, Rauch SD. Toronto Facial Grading System: interobserver reliability. Otolaryngol Head Neck Surg. 2000;122(2):212–5. doi: 10.1016/S0194-5998(00)70241-5. PubMed PMID: 10652392.
[06] Hee GH, Nedzelski JM. Facial nerve grading systems. Facial Plast Surg. 2000;16(4):315–24. doi: 10.1055/s-2000-15547. PubMed PMID: 11460297.
[07] Burres S, Fisch U: The comparison of facial grading system. Arch Otolar- yngol Head Neck Surg, 1986, 112: 755–758.
[08] Kang TS, Vrabec JT, Giddings N, et al.: Facial nerve grading systems (1985–2002): beyond the house- Brackmann scale. Otol Neurotol, 2002, 23: 767–771.
[09] Fonseca KM, Mourão AM, Motta AR, Vicente LC. Scales of degree of facial paralysis: analysis of agreement. Braz J Otorhinolaryngol. 2015 May-Jun;81(3):288-93. doi: 10.1016/j.bjorl.2014.04.005. Epub 2014 Oct 18. PMID: 25497850.
[10] Berg T, Jonsson L, Engström M: Agreement between the Sunnybrook, House- Brackmann, and Yanagihara facial nerve grading systems in Bell’s palsy. Otol Neurotol, 2004, 25: 1020–1026.
[11] Banks CA, Bhama PK, Park J, Hadlock CR, Hadlock TA. Clinician-Graded Electronic Facial Paralysis Assessment: The eFACE. Plast Reconstr Surg. 2015 Aug;136(2):223e-230e. doi: 10.1097/PRS.0000000000001447. PMID: 26218397.